Pflanzenjäger
Wie sind die Pflanzen eigentlich in unsere Gärten gelangt? Dass wir solch eine Fülle an Pflanzen zur Auswahl haben, verdanken wir vor allem Abenteurern, die im 18. und 19. Jahrhundert über die Weltmeere segelten.
Ärzte, Missionare und Wissenschaftler zählten zu den Ersten, die Pflanzen aus fernen Ländern mitbrachten – getrocknet im Herbarium, in Form von Samen und auch als lebende Pflanze. Später reisten professionelle Pflanzenjäger im Auftrag botanischer Gärten, wohlhabender Gartenbesitzer und Gärtnereien durch die Welt. Vor Entdeckung der Fotografie zählten botanische Zeichner zu den Schlüsselfiguren jeder Expedition. Denn sie waren es, die Pflanzen in verschiedenen Wachstumsstadien auf Papier festhielten.
Auf der Suche nach aussergewöhnlichen Pflanzenschätzen liessen sich die Abenteurer von keinen drohenden Gefahren abschrecken. Dabei vereitelten Überfälle von Piraten, Erdbeben oder Schiffbruch so manche erfolgversprechende Expedition. Oft bedurfte es mehrerer Anläufe, bis eine Pflanze in die Alte Welt gelangte. Erreichte sie schliesslich das europäische Festland, wurde sie von fanatischen Pflanzensammlern wie ein Schatz gehütet – was ebenso wenig zu einer schnellen Verbreitung beitrug.
Mittlerweile sind Reisen einfacher geworden und selbst entlegene Regionen sind zugänglich. Zu erfahren, woher eine Pflanze ursprünglich kommt und welche Geschichten sich um ihre Entdeckung ranken, ist noch immer faszinierend. Judith Brittain schildert in ihrem Buch «The plant lover’s companion – Plants, People & Places» (Der Begleiter des Pflanzenliebhabers – Pflanzen, Menschen & Orte), wie ausgewählte Pflanzen zu ihrem Namen gekommen sind. Oftmals sind Namen eine Hommage, sie erinnern an jene, die eine Pflanze in der Wildnis entdeckt oder sie bei uns eingeführt haben. Und manchmal tragen sie den Namen der Gärtnerei, in der sie gezüchtet wurden.
Die Stiftung ProSpecieRara zeigt in ihren Schaugärten Zierpflanzensorten, die mindestens 30 Jahre alt sind. Viele Stauden und Rosen werden aber schon viel länger kultiviert. Planen wir neue Beete, ist es manchmal gar nicht so einfach, den Züchter oder das Züchtungsjahr in Erfahrung zu bringen. Bei der Recherche sind alte Pflanzenkataloge eine Quelle. Oder Gärtner wie Dieter Gaissmayer, die sich zum Ziel gesetzt haben, historische Stauden wieder einem breiteren Publikum näher zu bringen. Ansonsten ähnelt die Suche einer Detektivarbeit, bei der verschiedene Puzzleteile schliesslich zur Lösung des «Falls» führen. Und wie sieht das in der Praxis aus?
Im Sommer waren wir auf der Suche nach einer historischen Katzenminze. Alois Leute, Pflanzenexperte bei Plantago Gartenkultur, gab uns den Tipp, dass die Sorte Nepeta x faassenii ‚Six Hills Giant‘ schon länger auf dem Markt sei. Auf der Website von Allgäu Stauden fanden wir einen Hinweis auf den Züchter: Elliott (GB). Nach einer weiteren Stichwortsuche stiessen wir auf einen Blogeintrag von Willowhouse Chronicles und auf das oben genannte Buch. Darin steht, dass die Gärtnerei «Six Hills» 1907 von Clarence Elliott (1881-1969) in den Cotswolds gegründet wurde. Eine seiner bekanntesten Züchtungen – Nepeta x faassenii ‚Six Hills Giant‘ – wurde somit mit Sicherheit vor mehr als dreissig Jahren gezüchtet …
[Inszenierung & Fotos: Matteo Hocker]
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